Ein Rückblick ins vorige Jahrhundert ist notwendig… und zwar weit zurück bis in die Jahre 1962/63. In diesen Jahren wurden die Physikräume des Gymnasiums Nordhorn renoviert und die Gerätesammlung erheblich erweitert. Um Stellfläche für weitere Schränke zu gewinnen, mussten damals die beiden historischen Spitzbogenfenster zum Postdamm zugemauert werden. Mit finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Atomkernenergie (das heutige Bundesministerium für Bildung und Forschung) konnten ferner zahlreiche Experimentiergeräte angeschafft werden, die einen modernen Unterricht in Atom- und Kernphysik ermöglichten. Unter anderem wurden radioaktive Radium-Präparate bestellt, die wenige Jahre später aus Strahlenschutzgründen aber nicht mehr im Unterricht eingesetzt werden durften. Sie mussten in speziellen Bleiblöcken gelagert werden. Ihre Entsorgung im Atomendlager Schacht Konrad vor einigen Jahren verursachte erhebliche Kosten und einen großen bürokratischen Aufwand. Im April 1962 wurden den Mitgliedern des Nordhorner Stadtrats in einer atomphysikalischen Experimentierstunde die neuen Geräte vorgestellt.

  • 01Gymnasium 1949 Außenansicht01Gymnasium 1949 Außenansicht

Im Jahr darauf wurden auch die Räumlichkeiten der Physik-Abteilung modernisiert, erweitert und damit auf den neuesten Stand gebracht. Die Physik-Fachräume erhielten damals sämtliche zum Stadtring hin gelegenen Räume im zweiten Geschoss des Hauptgebäudes, wo sie auch heute noch zu finden sind. Es gab jetzt drei Unterrichtsräume, davon einen Hörsaal und zwei große Sammlungsräume. Auch die Geräte-Sammlung wurde nochmals vergrößert. Die Grafschafter Nachrichten berichteten im Oktober 1963 unter der Schlagzeile: „Eine Rennbahn für Lichtstrahlen – Gymnasium Nordhorn hat eine der modernsten Physikabteilungen in Niedersachsen“. Nach Abschluss der Renovierung gab es auch diesmal eine „Physikstunde“ für den Nordhorner Stadtrat.

24 Jahre später, im Schuljahr 1986/1987, mussten die Physikräume erneut umgestaltet und renoviert werden, weil sie nicht mehr den damaligen Ansprüchen eines modernen Physikunterrichts entsprachen. Diese Auffrischung der Räume wurde vom ehemaligen Kollegen Jan Leutenantsmeyer betreut. Vor seiner Tätigkeit als Lehrer am Gymnasium hatte er eine Ausbildung als Bauzeichner absolviert und konnte daher die Zeichnungen für die neuen Räume selbst anfertigen. Eingerichtet wurden ein Hörsaal mit ansteigendem Gestühl und ein Übungsraum für Schülerversuche. Darüber hinaus stellte die Stadt Nordhorn als Schulträger noch weitere Gelder für neue Experimentiergeräte zur Verfügung. Insbesondere wurden die Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler erweitert, selbst experimentieren zu können. 

Seitdem sind 35 Jahre vergangen. Und jetzt ist es endlich soweit! Der Umbau der Physikräume hat begonnen. Die Räumlichkeiten sind inzwischen sehr abgenutzt, an vielen Stellen treten Schäden am Mobiliar und an der baulichen Substanz auf. Die Ergänzung der Fachräume durch neue IT-Geräte wie PC, Active-Board, Beamer usw. führte dazu, dass Kabelzuführungen zum Teil offen herumlagen und im Unterricht zu Stolperfallen wurden. Dazu kamen prinzipielle Schwächen der Raumeinrichtungen. So bedingt die Hörsaalarchitektur einen lehrerzentrierten Unterricht, der mit modernen Unterrichtsmethoden nicht mehr kompatibel ist. Im Übungsraum hingegen mussten 1986 die Schülertische wegen der Stromzufuhr fest am Boden verschraubt werden. Um die Sicherheitsabstände zwischen den Tischen zu wahren, mussten Lehrerpult und Tafel an die Längsseite des Raumes gelegt werden. Die Folge war, dass vor allem bei großen Klassen die rechts und links außen sitzenden Schüler Probleme hatten, den Unterricht zu verfolgen und das Tafelbild zu erkennen. 

Erste Überlegungen für die neuerliche Umgestaltung der Physikräume wurden bereits 2015 angestellt. Da der Schulträger, der Landkreis Grafschaft Bentheim, aber dringendere Baumaßnahmen am Gymnasium Nordhorn vorziehen musste, zog sich der tatsächliche Beginn der Renovierung bis heute hin. 

Durch Umgestaltung und Renovierung sollen zwei neue Übungsräume entstehen. Dabei wird im Hörsaal das Podest entfernt und im anderen Raum die Anordnung der Tische und Stühle so verändert, dass von allen Schülerplätzen eine gute Sicht gewährleistet ist. Die Stromversorgung der Schülertische erfolgt bei modernen Systemen durch ein absenkbares System von der Decke aus. Das bietet den Vorteil, dass im Raum normales Schulmobiliar verwendet werden kann und man die Sitzordnung flexibel an die Unterrichtsform anpassen kann. Und als Glanzstück ermöglicht es die neue Einrichtung, die historischen Fenster wieder zu öffnen.

Die Baumaßnahmen haben am Freitag vor den Osterferien begonnen. In Anwesenheit der ehemaligen Schulleiterin Monika Woltmann wurden die zugemauerten historischen Fenster wieder geöffnet. Die Bauarbeiten befinden sich seitdem in vollem Gange. Am Ende der Sommerferien soll die Renovierung abgeschlossen sein. So lange müssen sich Schüler und Lehrer nur mit dem dritten, 2004 eingerichteten Fachraum behelfen, aber dieses Opfer bringen alle in Vorfreude auf die neuen Räume sehr gerne.

Hermann Hamel, Jan Leutenantsmeyer, Kerstin Wörsdörfer