Theater-AG des Gymnasiums Nordhorn erheiterte mit Shakespeare

Spielfreude und Spielwitz - das sind seit Langem die Markenzeichen der Theater-AG des Gymnasiums Nordhorn. Unter der bewährten Leitung von Inga Brookmann und Jörg Fröhlich hatte sie sich heuer einer klassischen Liebes- und Verwechselungskomödie von William Shakespeare bemächtigt: "Was ihr wollt" (1601/02). Das Regie-Duo bevorzugte eine moderne Bearbeitung der Komödie von Heiko Postma, der sich zwar insgesamt eng an die klassische Übersetzung von August Wilhelm Schlegel anlehnt, aber sprachlich - vor allem in den Rüpel- und Dienerszenen - einen Jargon wählt, der unserem heutigen Verständnis von Witz und Anspielung entgegenkommt. Die Wahl des Stücks ist für das Laientheater mehr als die halbe Ladenmiete. Die Wahl war vorzüglich. Zumal Shakespeare und die kleine Bühne der Gymnasialaula den weitgehenden Verzicht auf Kulisse und Requisiten rechtfertigten.

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Bereits der Auftakt nahm gefangen: Aus den Lautsprechern tost der Meeressturm; unter dem Vorhang kriecht die schiffbrüchige Viola an Land und bleibt erschöpft an fremder Küste liegen (Insa Rigterink spielte die Hosenrolle körpersprachlich und rhetorisch exzellent). Die nächste Szene zeigt den liebeskranken Herzog Orsino (dezent überzeugend: Lennard Book), der im Thronsessel berückender Violinenmusik lauscht (Lea Brookmann, Anne-Lotte Bültel) und sich dabei unbewusst in seiner Sehnsucht nach der ihn verschmähenden Gräfin Olivia ersatzweise selber Streicheleinheiten gönnt.

Er weiß, wie grausam Frauen sein können. Aber die ihn kalt abweisende Olivia (liebreizend-raffiniert: Marlene Wenderoth) entpuppt sich, als sie Viola in deren knabenhafter Verkleidung begegnet, schnell entflammt, als eine Liebestolle, der ihrem Geschlecht zugeschriebenen Zurückhaltung überdrüssig. Als am Schluss nach gebührendem Verwirrspiel Violas totgeglaubter Bruder Sebastian (Thorge Heils) auftaucht, ist sie mit dem Alter Ego - die Geschwister ähneln sich völlig - sehr zufrieden. Und Viola, widerwilliger Liebesbote des Herzogs, verliebt sich im Nullkommanix in ihn. Reizvoll die Szene, wenn sie im Lehnstuhl sitzt, er von Olivia schwärmt, beide aber trotzdem Hautkontakt suchen und finden. Die Liebe ist ein Hüpferling.

Der andere Erzählstrang betrifft die Rüpel- und Intrigenszenen, die von den Saufkumpanen Sir Toby (Paul Emmler) und Sir Andrew (Dennis Kast) , von der intrigant-frivolen Hausdame Maria (schnippisch-selbstbewusst: Nathalie Kasakowski) und von dem anderen Personal beherrscht werden (Fabia: Kassilia Fischer, Curia: Swenja Kiepe, Valentine: Patrycja Nieradka; Seeleute: Helene Thölen, Anna Kollmann). Ihr willfähriges Opfer ist der Hausverwalter Malvolio (gekonnt komisch, aber tuntenhaft überdreht: Jonas Elferink), ein bigotter, eitler, sich überschätzender Typ, der jedoch in seiner hilflosen Opferrolle eines leicht tragischen Anstrichs nicht entbehrt. Diese Rollenfacette war infolge der überhöhten Drehzahl getilgt. Die philosophisch distanzierende Seele Shakespeares ist der die Welt belächelnde Narr, den Franka Walter als Dukaten liebendes Springteufelchen gab, allem Un- und Widersinn hold. Sein Wahlspruch: "Besser ein weiser Tor als ein törichter Weiser". Schade, dass die große Schule die Aula zur gelungenen Premiere nicht einmal ganz füllen konnte.

Bernd Durstewitz