Unser Gegenbesuch vom 31.3. - 5.04.2019: "Es lebe der Austausch. Es lebe die deutsch-französische Freundschaft".

Eine schlaflose Nacht hatte so mancher deutscher Austauschschüler hinter sich, als wir am Sonntag, dem 31. März morgens in den Bus stiegen. Wie würde es in Frankreich werden? Würden die Französischkenntnisse ausreichen, um sich "ganz alleine" in den Gastfamilien zurechtzufinden, fragte sich noch mancher etwas bange. Die Sorgen waren schnell verflogen, als wir bei strahlendem Sonnenschein von den Franzosen im Lycée Jean Moulin aufgeregt begrüßt wurden. Nach der freudigen Begrüßung und einem leckeren Imbiss verschwanden die französischen Gastfamilien sehr schnell mit ihren deutschen Corres. Sie konnten es gar nicht abwarten, sich wieder miteinander zu treffen, Musik zu hören, Spiele zu spielen und viel Spaß miteinander zu haben.

In dieser Woche erwartete uns ein abwechslungsreiches Programm. Es begann mit einem Ausflug nach Reims. Dort besichtigten wir neben der älteste Keksfabrik der Region "Fossier", auch die Kathedrale von Reims mit der Gedenktafel vor ihren Toren, die daran erinnert, dass hier, in der Krönungskathedrale der französischen Könige, am 8. Juli 1962 der französische Präsident Charles de Gaulles und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer sich im Rahmen einer Friedensmesse die Hand zur deutsch-französischen Aussöhnung gereicht hatten.

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Diese an unserer Schule gelebte deutsch-französische Freundschaft war dann auch Gegenstand der Jubiläumsfeier zum 30-jährigen Bestehen des deutsch-französischen Schüleraustausches. Die Schulleiterin des Lycée Jean Moulin, Frau Dacunka, der Schulleiter des Collège George Sand, Herr Mangeot sowie die französische Kollegin Frau Fayard würdigten in ihren Reden das Engagement von Frau Tholema, die diese Partnerschaft vor 30 Jahren initiiert hat, und das ihrer Partnerin Frau Winter auf französischer Seite. Frau Dacunka umriss kurz wesentliche Etappen des Austausches, u.a. dass 2011 die Partnerschaft offiziell besiegelt und durch das Deutsch Französische Jugendwerk (DFJW) anerkannt wurde. Diese Anerkennung stellte eine wichtige Etappe dar, denn dank dieser erhalten wir finanzielle Unterstützung für unsere Reisen durch das DFJW.

Frau Dacunka zitierte in ihrer Rede Montaigne, der bereits im 16. Jahrhundert erklärt hatte, dass Reisen die Jugend formen. So bedeute das Reisen, seine eigene Komfortzone, seine eigenen kulturellen Maßstäbe zu verlassen, um eine andere Kultur zu entdecken. Jedoch auch die eigenen kulturellen Gewohnheit aus einem quasi äußeren Blickwinkel zu analysieren. So könne man, indem man sich einer anderen Kultur öffne, Abstand zu seinen eigenen Praktiken gewinnen. Sie erlaube die eigenen Prinzipien zu hinterfragen und einen kritischen Geist zu entwickeln.

Frau Dacunka unterstrich, dass auch unsere Partnerschaft sich der Offenheit, der Entdeckung und der Toleranz verschrieben habe und daher für unsere Schüler eine unersetzbare Gelegenheit darstelle, sich Anderen und der Welt zu öffnen, vorgefasste Meinungen in Frage zu stellen und Stereotypen bezüglich unseren sogenannten nationalen Eigenheiten einer differenzierteren Realität gegenüberzustellen. Natürlich gebe es Unterschiede zwischen unseren Völkern so Frau Dacunka, doch das Wesentliche sei, dass wir die gleichen Grundwerte teilten. Diese Grundwerte seien im Vertrag von Maastricht 1992 bestätigt und 2000 in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergänzt und bekräftigt worden. Sie schloss mit den Worten, dass wir Deutschen und Franzosen Europäer seien und stolz darauf sein könnten diese gemeinsamen Werte zu teilen. "Es lebe der Austausch. Es lebe die deutsch-französische Freundschaft".

Die französische Kollegin, Frau Fayard, die ab diesem Jahr die Organisation des Austausches auf französischer Seite von Frau Winter übernommen hat, sprach von ihrer außergewöhnlichen persönlichen deutsch-französischen Geschichte. Sie hatte noch zu DDR Zeiten einen Franzosen geheiratet und war mit ihm nach Frankreich gezogen. Sie rief die Schüler als junge Europäer auf, sich auf den Weg zum Anderen zu machen, sich an allem, was der Andere ihnen geben könne, zu bereichern und den eigenen kulturellen Reichtum mit dem Anderen zu teilen. Sie dankte Frau Tholema und Frau Winter und betonte, dass ohne sie dieser Austausch dieses 30-jährige Jubiläum nicht erreicht hätte. Sie schloss mit dem Wunsch, dass noch "zahlreiche zukünftige deutsche und französische Schülergenerationen diese einmalige Erfahrung eines Schüleraustausches machen dürfen".

Danach wurden den Lehrkräften Präsente überreicht und für alle waren T-Shirts und Stifte zum Jubiläum vorbereitet worden. Abgerundet wurde die Feierstunde mit verschieden amuses bouches, die die Schüler der hauseigenen Kochschule vorbereitet hatten.

An den anderen Tagen standen noch eine Rallye durch Revin, ein Besuch im Museum über die Zeit der Metallverarbeitung in der Region und der Kletterwald auf dem Programm. Und natürlich die Abschiedsparty im Lycée sowie zahlreiche Privatpartys...
Am Freitag bestiegen wir wieder den Bus, diesmal mit Tränen. Schön war unser Aufenthalt gewesen. Unsere jungen Schüler erwiesen sich als aufgeschlossene, unternehmungslustige und kommunikative Europäer. Ein Dankeschön an alle Beteiligten, insbesondere den Eltern ohne deren Mitwirkung dieser Austausch nicht möglich gewesen wäre !

Agnès Pierau