Kann denn 4 mal 6 gleich 13 sein?

4 x 6 = 13? 4 x 7 = 14? Geht das? Aber ja. Wenn ,,Alice im Wunderland" des Traumes eingesperrt ist, dann passieren solch wunderliche Berechnungen und noch viele andere Absurditäten. Lewis Caroll macht es möglich. Edmund Linden hat dessen fantasievolles Nonsense-Märchen ,,Alice im Wunderland" und Figuren aus dem Nachfolgeband ,,Alice hinter den Spiegeln" zu einem Bühnenspektakel verarbeitet, das an Regie, Darsteller, Bühnenbauer und Kostümschneider hohe Anforderungen stellt. Die Theater-AG des Gymnasiums Nordhorn hat sich unter der bewährten und einfallsreichen Leitung von Inga Brookmann und Jörg Fröhlich des figurenreichen Stückes angenommen und die kleine Bühne der gut gefüllten Gymnasialaula mit bunten tiermenschlichen Typen und spielerischen Unsinnsdialogen voller Tiefsinn angereichert. Schließlich stecken ja im Wort ,,Unsinn" zwei Drittel ,,Sinn". Das überwiegend junge Publikum sah das ein und belachte und begluckste die Aufführung begeistert.

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Alice (hervorragend zunächst Alicia Sanchez, dann Mailin Asbeck) träumt sich in ein Wunderland verquerer Proportionen und verquerer Ansichten, die der Lehrer- und Erwachsenenlogik zuwider laufen. Dort ist sie mal viel kleiner, mal viel größer. Ein genialer Trick machte diese Schrumpfung bzw. Streckung sichtbar: Vor dem schwarzen Hinter- und Seitengrund waren an einem weißen Seil nach hinten perspektivisch verkürzte Türen aufgehängt, die Alice unterschiedlich groß erscheinen ließen. Selbstverständlich können in dieser Fantasiewelt Tiere und Blumen und Spielkarten sprechen. Sie verleugnen ihre Fress- und Machttriebe durchaus nicht und bilden in verzerrter Form menschliche Dummheiten und Gelassenheiten, Untugenden und Großzügigkeiten ab.

Gegen solche Typen muss sich die verwirrte, aber mutige Alice behaupten: das hektisch hoppelnde weiße Kaninchen, die eindrucksvolle philosophisch gelassene Raupe (Katharina Munk), die beiden Vertauschkünstler Dideldum (Jonas Elferink) und Dideldei (Laura Schneider), der, die oder das hochnäsig englisch parlierende Goggelmoggel (Maik Raaz), die flitzeflinke Haselmaus (Franka Walter), die ständig ihre Un-Geburtstage feiernden Hutmacher (Marlene Wenderoth) und Schnapphase (Tilda Jahn), der lächerliche Hofstaat (Michael Bertram, Lennard Book, Sarah Mohammad) um die Kopf - ab - Herzkönigin (Rebecca Engel) und nicht zuletzt die raffiniert-souveräne Grinsekatze (Insa Rigterink). Alle Darsteller spielten voller Elan Doppelrollen.

Die Bühnenadaption von Edmund Linden brachte so gelungene Parodien hervor wie: ,,Guter Mond, du gehst so stille / in die nächste Kneipe hin, / besäufst dich dort und wirfst `ne Pille, / bist dann voll bis obenhin." Vermutlich kein Beispiel für eine deutsche Leitkultur, aber lustig.

Ohne die vielen kleinen Regieeinfälle und die gelungenen Kostüme (noch lange vor Augen: die Raupe oder der Spielkartenhofstaat) wäre der Erfolg nicht zustande gekommen. Basis bleibt aber: die Spielfreude der Darsteller. Die zweite Vorstellung findet am Donnerstag, dem 18. Mai, um 19 Uhr in der Aula des Gymnasiums statt.

Bernd Durstewitz