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Am Montag, den 3. Juni kamen wir nach einer dreizehnstündigen Busreise in Malbork zu unserem Gegenbesuch an. Wir wurden zunächst auf unsere polnischen Gastfamilien verteilt. Der Empfang war herzlich. Am späten Nachmittag und frühen Abend ging es zum Tagesausklang – viel Schlaf war nach der Nachtfahrt mit dem Bus noch nachzuholen – zum Bowling und Billard spielen in einen Malborker Sportklub. Am folgenden Tag stand dann gleich ein erstes Highlight an: ein Besuch in der geschichtsträchtigen Stadt Danzig. Hier hatten wir zunächst eine intensive Führung in dem Museum des Zweiten Weltkrieges. Das Museum ist sehr modern gestaltet und enthält auch künstlerische Elemente. Besonders spannend ist, dass das Museum versucht, die Geschichte des Weltkrieges aus der Perspektive der Opfer, keineswegs nur der polnischen, zu erzählen. Im Anschluss besuchten wir mit Führung die historische Altstadt der ehemaligen Hansestadt und hatten zum Glück auch noch genug Freizeit bzw. Zeit fürs eigene Erkunden und Shoppen.

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Nach unserem Danzig-Trip haben wir in den folgenden Tagen verschiedene Sehenswürdigkeiten in und um Malbork erkundet sowie deutsche und polnische Spuren in der Stadtgeschichte aufgedeckt. Letzteren gingen wir auch in unserer gemeinsamen Projektarbeit nach. Dabei entstanden einige witzige Fotos. Keine Spur, sondern ein gigantisches Monument der Macht stellt die Burg des Deutschen Ordens in Malbork dar. Die größte Backsteinburg Europas beeindruckt schlicht durch ihre Dimensionen. Sie war für den mittelalterlichen Deutschen Ritterorden Handels- und Militärstützpunkt, religiöses Zentrum, aber auch Ort der Machtdarstellung.

Der Malborker Bürgermeister betonte bei einem Empfang uns gegenüber, wie wichtig ihm die Kontakte in den Westen gerade jetzt seien, wo wieder Krieg an der polnischen Grenze tobe und russische Flugzeuge aus der Region Kaliningrad die NATO-Grenzen zu Polen „testen“ würden. Von dem nahe Malbork gelegenen polnischen Militärflughafen steigen regelmäßig NATO-Fighter auf (mit italienischen Besatzungen), um gegebenenfalls die russischen Maschinen über der Grenze (Frisches Haff) wieder zurückzudrängen. Mit Blick auf das nächste Jahr betonte der Bürgermeister seine Freude über die Feierlichkeiten für das 30-jährige Städtepartnerschaftsjubiläum zwischen Malbork und Nordhorn.

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Am Donnerstag, dem vorletzten Tag unseres Austausches, haben wir uns auch einem der dunkelsten Orte deutscher Geschichte gestellt – dem Konzentrationslager Stutthof in der Nähe von Danzig. Dort kamen in der Zeit zwischen 1939 und 1945 von 110.000 Inhaftierten 65.000 ums Leben. Unter den Opfern waren Angehörige verschiedenster Nationen und Religionen. Die hygienischen Umstände im Lager waren dermaßen schlecht, dass Gas und andere Vernichtungstechniken meist gar nicht notwendig waren. Nach dem Gang durch das „Todestor“, in den heute teils noch sehr gut erhaltenen und gepflegten Baracken, im noch vollständig existierenden Krematorium überwältigten einen schnell die Gefühle. „Bedrückend“, „schlimmer noch, als ich es mir vorgestellt habe“ waren vernehmbare Aussagen nach dem Besuch. Eine kleine Gaskammer ist bis heute erhalten geblieben. In einem Denkmal werden in einer eingelassenen, langen Glasvitrine Aschereste und Überreste menschlicher Knochen aufbewahrt. Abstoßend und erschreckend sind bis heute einige Details wie die Ursachen von damaligen Lagereinweisungen („VERDACHT staatsfeindlicher Äußerungen ...“) und die Systematik in der Erfassung persönlicher Daten (Karteikarten, die Angaben zur Qualität der Haare und zur Zusammensetzung des Gebisses enthielten).

 

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Nach der Vorstellung unserer Projektergebnisse am Freitag, einer Bootstour auf der Nogat und einem Abendessen verabschiedeten wir uns herzlich von unseren Gastgebern: „Do widzenia!“

Unser Dank gilt unseren Gastgebern, neben den polnischen Eltern und Schülerinnen und Schülern vor allem auch der Schulleitung des Liceums Nr. 1 und den polnischen Kollegen Piotr Zymbal und Artur Kubaszewski, die für uns den Aufenthalt organisiert haben.

Gefördert wurde unsere Begegnung von Erasmus+, dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk und der Stadt Nordhorn.

                                                                                                          Johannes Etmanski