Bericht Philosophische Winterakademie

Was genau sollte als Mord verurteilt werden? Haben Frauen von Natur aus eine Rolle oder werden sie durch die Gesellschaft in diese gesetzt? Warum sollen wir die menschliche Spezies vor einer „Weiterentwicklung“ schützen? Gibt es eine abstrakte Gedankenwelt unabhängig von unserem Bewusstsein? Wie machen wir uns künstliche Intelligenz richtig zunutze?

Diese und viele weitere Fragen wurden vorletzte Woche zum Diskussionsthema für mich und 25 weitere Teilnehmer:innen der Philosophischen Winterakademie.

Im November letzten Jahres habe ich an dem Landes- und Bundeswettbewerb Philosophischer Essay teilgenommen, dem größten deutschen Wettbewerb im Schulfach Philosophie. In der Landesrunde dieses Wettbewerbs sollten die Teilnehmenden von zuhause aus einen in der Regel drei- bis vierseitigen philosophischen Essay zu einem von vier vorgegebenen Themen schreiben. Ich schrieb meinen Essay zu der Frage „Gibt es moralische Tatsachen?“. Zu meiner Überraschung war ich mit diesem Essay sehr erfolgreich und wurde einer von zwei Landessiegern in Niedersachsen.

Mit 25 anderen Siegern aus der Landesrunde wurde ich dann in der letzten Januarwoche nach Münster für vier Tage zum Bundesfinale und zu der sogenannten Philosophischen Winterakademie eingeladen. Wir alle wurden herzlich am Dienstag vom Franz-Hitze-Haus in Münster mit schönen Zimmern und guter Verpflegung aufgenommen. Es ging zunächst los mit einer kleinen Kennenlernrunde, dann haben wir eine tiefere Einführung ins Essayschreiben bekommen. Direkt am nächsten Morgen ging es dann schon in das Finale des Essaywettbewerbs. Dieses Mal sollten wir einen Essay zu einem von vier festgelegten Themen innerhalb von vier Zeitstunden unter Wettbewerbsbedingungen schreiben. Und zwar diesmal nicht auf Deutsch, sondern in einer vorgegebenen Fremdsprache, also auf Englisch, Französisch oder Spanisch. Trotz der erschwerten Bedingungen sind von allen 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmern starke Essays entstanden. Hier schrieb ich meinen Essay zu der vierten oben genannten Frage, ob es eine abstrakte Gedankenwelt unabhängig von unserem Bewusstsein gibt.

Alle Themen und die Essays selbst wurden im Nachhinein immer wieder zwischen uns Teilnehmenden diskutiert. Das Diskutieren mit so begabten und anderen an der Philosophie interessierten Schülerinnen und Schülern und das Erfassen ihrer teilweise ganz verschiedenen, aber trotzdem in sich schlüssigen Ansichten hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht.

Später am Mittwoch gab es dann noch einen Ausflug zum LWL-Museum und dort eine Führung zum Thema Otto Müller und Frauen in der Kunst. Am Abend haben wir Teilnehmenden die Innenstadt ein wenig erkundet und in einem Café gegessen, gespielt und natürlich weiterdiskutiert. Am Donnerstag haben wir uns dann in Gruppenarbeit genauer mit dem Thema Künstliche Intelligenz beschäftigt und die Ergebnisse daraus in einer Art Flohmarktrunde den Jurorinnen und Juroren unserer Essays präsentiert. Danach und am Freitag gab es sehr interessante Vorträge und Workshops von Philosophie-Professorinnen und -Professoren darüber, wie KI-Nutzung sich auf unsere Schreibfähigkeiten auswirken kann und warum das Verstehen der Arbeitsweise von KI besonders wichtig ist. In einem Workshop sollten wir uns mit verschiedenen Technologien und ihrem Einfluss auf unsere Wahrnehmung beschäftigen, so zum Beispiel mit einer Polaroidkamera, mit der wir selbst dann auch Fotos schießen durften. In einem anderen sollten wir die Einführung von KI als Diagnosewerkzeug in einem Krankenhaus planen. Am Freitagmittag fand dann die Siegerehrung für den Essaywettbewerb statt. Die ersten beiden Plätze wurden zur Internationalen Philosophie-Olympiade in Italien weitergeleitet und die ersten fünf erhielten einen Stipendienvorschlag für die Studienstiftung des deutschen Volkes. Alle Teilnehmer:innen erhielten aber noch Sachpreise in Form von Büchern und Magazinen.

Ich habe es leider nicht unter die fünf Bestplatzierten geschafft. Dennoch war es für mich ein großer Gewinn, zu der Philosophischen Winterakademie eingeladen worden zu sein, so viele begabte Leute kennengelernt und vieles Neues aus der Philosophie gelernt zu haben. Ich kann wirklich jeder Schülerin und jedem Schüler unserer Schule, die an der Philosophie interessiert sind, empfehlen, auch an diesem Wettbewerb teilzunehmen. Bei einem Landessieg gewinnt ihr ein schönes viertägiges Philosophie-Erlebnis, das völlig kostenfrei ist, und habt sogar eine Chance, noch viel mehr zu gewinnen. Für mich hat es sich auf jeden Fall gelohnt. Und auf jeden Fall möchte ich auch meinem Lehrer Herrn Gue dafür danken, dass er den Wettbewerb unserem Kurs vorgestellt hat und mich im Verlauf des Wettbewerbs begleitet hat.

Sarmad Al-Alwan