Flucht und Migration in der (Stadt)geschichte

(Leitung: Dr. Johannes Etmanski)

 

Woher stammen wir bzw. unsere Vorfahren?

Haben wir nicht alle einen „Einwanderungshintergrund“, wenn wir nur weit genug in unsere Familiengeschichte zurückschauen? Migration bildet seit jeher ein zentrales Element gesellschaftlichen Wandels. Räumliche Bewegungen von Menschen veränderten in den vergangenen Jahrhunderten die Welt, selbstredend auch Nordhorn. Die Stadt mit den sehr unterschiedlichen Herkunftsgeschichten der in ihr lebenden Menschen bietet sich für eine migrationsgeschichtliche Untersuchung allerdings ganz besonders an. Das wird deutlich beim Blick auf die Migrationsgeschichte der Stadt in den letzten 200 Jahren: Angefangen vom Zuzug flämischer und niederländischer Industrieller bzw. Textilarbeiter im Zuge der beginnenden Industrialisierung in Deutschland im 19. und frühen 20. Jahrhundert, über die Ansiedlung überwiegend polnischstämmiger Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet in den 1920er-Jahren und die Ankunft der verschiedenen „Gastarbeitergruppen“ aus Italien, der Türkei und Portugal in den 1950er- bis 1970er-Jahren, bis hin zu dem Zuzug von „Spätaussiedlern“ und Arbeitsmigranten aus Polen und der ehemaligen Sowjetunion nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in den 1990ern. Den jüngsten Migrationsschub aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens [Syrien, Irak] wird das Seminarfach Politik aufgreifen.

Im Einzelnen wird es im Seminarfach darum gehen, die historischen Motive zu klären, warum diese Menschengruppen ihre Heimatstaaten verließen, warum sie nach Deutschland und Nordhorn emigrierten, unter welchen wirtschaftlichen und räumlichen Bedingungen sie hier lebten, ob und wenn ja, wie sie die Stadt kulturell prägten, mit welchen Integrationsschwierigkeiten sie zu kämpfen hatten und welche Konflikte, aber auch positive Erfahrungen es im Zusammenleben mit der aufnehmenden Mehrheitsgesellschaft gab. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Migrations- und Integrationsforschung werden dabei zu berücksichtigen sein. Zudem wird es um eine Einführung ins wissenschaftspropädeutische Arbeiten gehen, wie sie in Gestalt der Seminarfacharbeit als Vorbereitung für spätere Hausarbeiten im Studium zu leisten ist.

Nähern werden wir uns der Thematik, indem wir vor allem auch hier vor Ort viel praktisch arbeiten werden. Es gilt, Interviews und Fragebögen für die Gespräche mit Zugewanderten, aber auch z.B. mit den Eltern/Großeltern von Schülern unserer Schule vorzubereiten und durchzuführen. Dabei sollen auch Fotos und Erinnerungsstücke aus dem Leben dieser Menschen gesammelt bzw. zu Tage gefördert werden, denn das Ziel wird darin bestehen, nicht nur eine Datenbasis für die eigene Seminararbeit zu gewinnen, sondern auch eine spätere Ausstellung im Rahmen unseres Erasmus-Projektes „Flucht und Migration“ zu unterstützen.

Angedacht ist eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Archiven, dem Institut für Migrationsforschung in Osnabrück, lokalen Migrantenvereinen, der Volkshochschule, Sportvereinen und den GN. Daneben wird uns Werner Straukamp, der bekannte Lokalhistoriker, beratend unterstützen. Wir werden Ausstellungen besuchen, die sich Einwanderungsbiographien widmen und hoffentlich selbst auch eigene Erkenntnisse öffentlichkeitswirksam publizieren können.

Ich freue mich auf ein spannendes und herausforderndes Seminarfach mit Euch!