„Von Ägypten bis Südafrika – das größte Land der Welt?!“ - Rede zur Ausstellung des Seminarfachs Tansania

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn Sie an Afrika denken, welche Gedanken kommen Ihnen als erstes in den Sinn? Etwa eine atemberaubende Landschaft, eine vielfältige Flora und Fauna oder doch die mitleidserregende Armut, mangelernährte Kinder sowie tradierte Lebensweisen?

Afrika ist kein Land, sondern ein ganzer Kontinent, dessen Fläche rund 30 Millionen Quadratkilometer umfasst. Dieser Kontinent besteht aus 54 Ländern, die eine enorme Diversität besitzen, denn jedes dieser Länder ist verschieden. Die Stereotypen, die mit großer Wahrscheinlichkeit die Mehrheit aller Menschen in unserem Umfeld hat, stellen eine große Gefahr dar. „The danger of a single story“ – also die Gefahr der einen Geschichte, die von Chimamanda Ngozi Adachie thematisiert wird, hat unser Seminarfach auf unserem Weg bei der Erstellung dieser Ausstellung begleitet. Stereotypen, die teilweise seit der Kolonialzeit existieren, sind nicht direkt falsch, jedoch sehr unvollständig. Vorurteile werden von westlichen Medien verstärkt und gefestigt. Durch einen Mangel an Wissen über die Diversität Afrikas werden Stereotypen und das dadurch erzeugte Bild eines homogenen Kontinents als Wahrheit angesehen.

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Spricht man von Afrika, so denken viele Menschen aus westlichen Kulturen zunächst an Mittellosigkeit und Unterentwicklung. Häufig entsteht eine große Bemitleidung des gesamten Kontinents Afrika. Dadurch stellt sich die in westlicher Kultur lebende Bevölkerung auf eine höhere Ebene und das nur durch ihr Unwissen, denn innerhalb dieses einen Kontinents, innerhalb eines jeden der 54 Länder und sogar innerhalb der zahlreichen verschiedenen Regionen und Städte herrschen enorme Disparitäten vor. Dieses Phänomen der Nivellierung des gesamten Kontinents stellt eine große Ungerechtigkeit, ein Unverständnis sowie in gewissen Maßen eine Respektlosigkeit dar. Dieser Mangel an Respekt drückt sich darin aus, dass nicht ausreichend über die Vielseitigkeit eines Kontinents recherchiert wird, sondern auf Grundlage oberflächlicher Informationen darüber geurteilt wird.

Moderne Medien besitzen in der westlichen Gesellschaft eine enorme Macht. Durch den Konsum von Filmen kann ein gezieltes Bild von Afrika erweckt werden. Die Zuschauer können stark manipuliert werden, indem nur wenige Facetten der großen Diversität dargestellt werden. Durch eine oftmals fehlende kritische Haltung wird der gewonnene Eindruck als Wahrheit befunden und nicht angezweifelt.

Ähnlich verhält es sich in der Literatur. Haben Sie in Ihrer Kindheit Bücher besessen, die Ihnen den Kontinent Afrika und das Leben auf der anderen Erdhalbkugel veranschaulichen sollten?  Wenn ja, stellt sich die Frage, wie die „afrikanische Welt“ dargestellt wurde und ob sich dieses Bild bei Ihnen gefestigt hat.  Vor allem Kinder, die über ein geringeres Wissen und eine geringere Lebenserfahrung verfügen, sind extrem leicht zu beeinflussen. Dadurch kann bei dieser Altersgruppe mühelos – wenn auch unbeabsichtigt – ein irrtümlicher Eindruck von Afrika geschaffen werden. Dieses Bild entspricht jedoch, wie bereits erwähnt, nur in eingeschränkter Hinsicht der Realität. Verschiedene indigene Stämme, die in Lehmhütten leben, deren Männer tagsüber auf die Jagd gehen, während die Frauen das Essen vorbereiten, werden als Alltagsrealität des modernen Afrika dem Zuschauer oder Betrachter präsentiert. Diese Gesellschafts- und Lebensstrukturen besitzen für bestimmte Regionen in weniger entwickelten Teilen Afrikas tatsächlich Aktualität, sind aber keinesfalls charakteristisch für den gesamten Aufbau eines Landes. Vor allem entspricht dies nicht dem gesamten Aufbau eines riesigen Kontinents! Erhalten Kinder jedoch nur eingeschränkte, einseitige Informationen und werden auch in ihrem weiteren Prozess des Heranwachsens nicht dazu ermutigt, dieses vermittelte Bild zu hinterfragen, so festigt sich der oberflächliche Eindruck von der Homologie Afrikas.

Das Seminarfach Tansania hat diese Ausstellung mit dem Namen „Von Ägypten bis Südafrika – das größte Land der Welt?!“ erschaffen, um Kindern so früh wie möglich die Diversität Afrikas zu veranschaulichen. Die Ausstellung soll Wissen vermitteln, um dem Kampf gegen Vorurteile und damit einhergehende Ungerechtigkeit zu begegnen. Die Möglichkeit der interaktiven Auseinandersetzung mit der Thematik und die kindgerechte Gestaltung der Materialien sollen den Prozess der Wissensvermittlung fördern.

Wir möchten verhindern, dass bereits in jungen Jahren ein falsches Bild des Kontinents Afrika entsteht. Durch den Besuch der Ausstellung soll die Frage, ob Afrika das größte Land der Welt ist, eindeutig beantwortet werden können: Afrika ist kein Land, sondern die geografische Bezeichnung eines facettenreichen Kontinents, auf dessen Diversität wir mit unserer Ausstellung aufmerksam machen möchten.

Carla Honikel  (Q34, Seminarfach Tansania)